Bundesregierung verklagt EU-Kommission
03 Mai 2017, Posted by Aktuelles inRolle rückwärts: Bundesregierung verklagt EU-Kommission als Auswirkung auf das EuGH-Urteil
Bereits im vergangenen Jahr gab es einigen Wirbel um die Beendigung der zusätzlichen nationalen Bestimmungen für europäisch harmonisierte Bauprodukte (Ü-Zeichen). Das System aus CE-Kennzeichnung und zusätzlichen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen funktioniert seitdem nicht mehr.
Nationale Regulierungsbehörden und einige Verbände fürchten durch den Wegfall der zusätzlichen Regelungen, dass Bauwerkssicherheit sowie der Umwelt- und Gesundheitsschutz der Bevölkerung gefährdet seien (wir berichteten).
In der Konsequenz und auf der Suche nach einer zufriedenstellenden Lösung für den deutschen Markt hat die Bundesregierung nun die EU-Kommission verklagt.
Bestimmte Baunormen der EU sind aus Sicht der Bundesregierung unzureichend oder lückenhaft umgesetzt. Darum hat die Bundesregierung Klage gegen die EU-Kommission beim Gericht der Europäischen Union (EuG) eingereicht. Würden die Normen in der jetzigen Form angewendet, wären Bauwerkssicherheit sowie Umwelt- und Gesundheitsschutz der Bevölkerung gefährdet, so ein Bestandteil der Klage.
Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, europäisch harmonisierte Normen für Bauprodukte anzuwenden, um deren Qualitätseigenschaften zu bestimmen und zu kontrollieren. Sie dürfen über die europäische CE-Kennzeichnung hinaus keine weiteren Prüfungen verlangen. Dies hatte der Europäische Gerichtshof jüngst entschieden.
Europäisch harmonisierte Bauproduktnormen sollen die Grundlage eines europäischen Binnenmarkts für Bauprodukte darstellen. Leider sind die europäischen Bauproduktnormen aber so mangelhaft, dass ausschließlich nach ihnen hergestellte Bauprodukte die Bauwerkssicherheit gefährden
, so die Position des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB).
Hintergrund
Seit der erfolgreichen Klage der EU-Kommission gegen Deutschland vor dem EuGH (EuGH-Urteil C-100/13) besteht diese darauf, dass Deutschland auf zusätzliche bauaufsichtliche Anforderungen an europäisch genormte Bauprodukte verzichtet.
Die Kommission hält zusätzliche Qualitätseigenschaften bzw. Produktanforderungen in europäischen Normen für rechtswidrig und hat Hinweise auf national geltende, ergänzende Regelungen aus den Normen gestrichen. Nach deutscher Auffassung werden damit die Regelungsmöglichkeiten zur Errichtung sicherer Bauwerke weiter eingeschränkt und das Umwelt- und Verbraucherschutz-Niveau abgesenkt.
Ein Beispiel: Würden die harmonisierten EU-Normen derzeit ohne ergänzende Angaben angewendet, könnten Bauunternehmen, die zum Beispiel Fußbodenbeläge für Sporthallen oder Kindereinrichtungen sowie Parkett und Holzfußböden einbauen, nicht mehr überprüfen, ob diese gesundheitsschädliche Stoffe in die Innenraumluft abgeben.
Die Hersteller der Fußböden wären nicht mehr verpflichtet, einen Nachweis über die Emissionen ihrer Bodenbeläge zu geben. Es bestünde daher die Gefahr, dass Hauseigentümer und Mieter einer höheren Schadstoff-Konzentration ausgesetzt werden.
Ziel der Klage
Die Klage Deutschlands zielt darauf ab, dass die genannten Entscheidungen der Kommission durch ein Urteil des EuG aufgehoben werden und die Möglichkeit nationaler Ergänzungsregelungen rechtsverbindlich eröffnet wird. Die Klageschrift wurde zwischen den Ländern und der Bundesregierung abgestimmt und wird fristgerecht beim Europäischen Gericht eingereicht.
In der andauernden Übergangsphase gelten die bisherigen Anforderungen an Bauprodukte fort, die in den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer festgelegt sind. Damit ist sicheres Bauen weiterhin möglich.
Für neue Zulassungen wird derzeit der Weg über eine sogenannte ETA (European Technical Assessmen) empfohlen. Noch gültige bauaufsichtliche Zulassungen können derzeit ebenso als Nachweis dienen wie zusätzliche Prüfnachweise durch unabhängige Institute. In Zweifelsfällen sind Vorgehensweisen mit dem DIBt abzuklären.
(zel)
(Quelle: holzonline.de – die Newsseite des Branchenmagazins Holzforum)
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